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Archiv für den Monat: Januar 2019

ÉCRITURE AUTOMATIQUE (4)

Der Sinn von Träumen ist, dass man sich beim Schlafen nicht langweilt. Das ist alles. Max Goldt


Habe geträumt, dass ich frühmorgens in einer Küche stehe, irgendwo im Schwarzwald. Das weiß ich, weil in der Nähe meine Mutter begraben liegt, ich müsste lediglich ein paar Serpentinen hochgehen oder -fahren, dann wäre ich in der Nähe des Grabes, tief im Wald. Wie lang sich diese Serpentinen den Berg hinauf schlängeln, ist allerdings unklar. Es kann wahlweise eine lange Wanderung werden, oder eine Sache von Minuten.

Auf dem Herd steht ein großer orangener Topf, ich bin alleine und bereite etwas zu, es ist wohl ein Rindergulasch. Die Regale stehen voll mit Antennen, entsprechenden Empfangsgeräten und Kabeln, trotzdem ist es eine Küche. Die Mutter kommt herein, es ist die Mutter des Hauses, aber nicht meine eigene. Sie ist um die Sechzig, mit schwarzen Haaren und einem braunen Bademantel, sie scherzt und ist gleichzeitig auf eine schlecht gelaunte Art und Weise skeptisch. Mit großer Beiläufigkeit schneide ich Gemüse und Kräuter, rühre sie in den Topf ohne hinzuschauen, mache Witze und lache mit ihr, ich will sie beeindrucken, es steht etwas auf dem Spiel. Nach und nach stehen auch mehr Personen in der Küche, ich mache Scherze, informiere über das Essen, spiele dabei aber verschiedene Versionen der Gespräche und des Gulaschgerichts durch. Es sind ihre Töchter, sie sind einerseits neugierig und interessiert, aber auch kooperativ und helfen mit. Nur eine von ihnen reagiert abwartend und setzt sich ins Regal, wo sie in den Antennen verschwindet, aber niemand wundert sich darüber.

Obwohl ich dauernd Zutaten in den Topf werfe, geht es mit dem Gericht nicht richtig los, alles scheint immer am Anfang zu sein, es gibt keinen Fortschritt obwohl der Herd offensichtlich mit höchster Leistung arbeitet. Es scheint gleich Abend zu werden, und irgendwann wird mir klar, dass das Gericht niemals pünktlich fertig werden kann. Ich scherze noch und erkläre die weiteren nötigen Schritte, gerate dabei aber zunehmend in Panik. Aufgewacht.

 

OFFICE CHART JANUAR

Was wir diesen Monat im Büro hören

Thom Yorke — Suspiria OST

Ohne genau zu wissen warum, bin ich diesem Album ausgewichen, habe es links liegen lassen, ignoriert, auch den Film dazu wollte ich nicht sehen. Ich kannte das Original, ein fürchterlicher Hexensabbat, immerhin von Dario Argento, den Nerds gut fanden, ich vielleicht heute auch. Aber nur wegen Tilda Swinton in der Nebenrolle eines Remakes ins Kino gehen? Man findet ja doch keinen Parkplatz, so Robert Mitchum in einem seiner schlecht gelaunten Interviews.

Und natürlich ging es darum nicht. Sondern um die Mühsal der Fragen, die sich immer wieder stellen, wenn das Mitglied einer als besonders homogen gefühlten Band (Rammstein, Depeche Mode, Tocotronic oder hier eben Radiohead) ausweicht und ein Solo-Projekt, besser: ein Soloalbum veröffentlicht. Was wird zu hören sein? Etwas, womit die Anderen in der Band nicht genug anfangen konnten? Der Beleg dafür, dass es die Anderen nicht braucht um gleichermaßen fantastische Musik zu produzieren, und wofür hat man sie dann eigentlich überhaupt in einer, in seiner Band? Oder es ist umgekehrt der Sänger, der allein gar nicht wirklich gebraucht wird. Offenbar fehlt etwas. Womöglich ist es auch die unbändige Lust, als Musiker immer weiter an allem herum zu schrauben, weil es gerade in der Luft liegt, aber die Anderen schon Feierabend machen und auf dem Weg zu ihren Familien sind. (Nach den vielen Jahren, in denen eine Band erst homogen zu werden beginnt, haben die meisten ja tatsächlich Familien, was einen Teil dieser unerklärlichen Einheit ausmachen könnte. Die Abwesenheit der Anderen könnte auch eine Rolle spielen.)                                                                                                                                             Von Thom Yorke habe ich schon unerhört Schönes gehört, aber auch schon einiges, bei dem schlichtweg die anderen Mitglieder seiner Band zu fehlen schienen. Diese Soloplatten erzählen über Umwege einiges, woran man die Funktion des einzelnen Musikers innerhalb eines Bandgefüges festmachen und sie verstehen könnte, wenn es nur nicht so theoretisch, womöglich ständig im Wandel und im Prinzip scheissegal wäre. Weil bei einer Band, deren Stärke dieser unendlich souveräne Umgang mit allem ist, worüber sich der Außenstehende lustig machen könnte, eine eigene Dynamik gewinnt, dabei aber in ihrer Summe rätselhaft bleibt, zumindest mir, auch wenn man die einzelnen Teile dieser Dynamik erklären könnte. Ich rede hier von Radiohead.

Das Ignorieren hat nichts genutzt, Thom Yorkes Soundtrack ist fabelhaft, mit oder ohne Film und mit oder ohne Mitstreiter, und die Ballade Suspirium ist so unendlich weit wie der Himmel, zumindest passt sie gerade so in den jeweiligen Raum, in dem sie gerade läuft, mit diesem perlenden Klavier und dieser Stimme, die einen heulen lässt, wenn man nicht aufpasst. Zum Glück habe ich doch reingehört, ohne dabei zuviel nachzudenken.

Außerdem:

Radiohead – True Love Waits (Band Version)

Thom, Jonny and a CR78 – Radiohead: The Numbers

Thom, Jonny and a CR78 – Radiohead: Present Tense

Jonny Greenwood – House of Woodcock (Phantom Thread OST)

Jonny Greenwood – Tree Strings (You Were Never Really Here OST)

Atoms For Peace – Rabbit in your Headlight

Thom Yorke – Youwouldn’tlikemewheni’mangry

Thom Yorke – Analyse (Live at Mercury Music Award)

Thom Yorke – Ingenue (Live at Jonathan Ross Show)

Thom Yorke & Nigel Godrich – Nose Grows Some (Live at Club 2 Club Turin)

Thom Yorke – Unmade

Radiohead – Weird Fishes (by Tobias Stretch)

Atoms For Peace – Before Your Very Eyes

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