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Archiv für den Monat: Juni 2020

OFFICE CHART FRÜHLING

Was wir diesen Monat im Büro hören

Stil vor Talent Berlin — Blub

Mal ein bisschen langsamer reiten, mit der Musik hier im Büro, das hält ja kein Mensch mehr aus: in den letzten Wochen ist alles schleichend housiger geworden, auch flauschiger, vor allem aber instrumentaler, mir reichts gerade mit dem ganzen Welt- und Menschengeplärre da draussen, und drinnen auch. Was sich in der „Außerdem“-Liste weiter unten angenehm weiblich niederschlägt.

Gibt es für so diffuse Sehnsüchte überhaupt ein Album, dass sich einerseits gerne dauernd drehen darf, aber dabei nicht zu schnell und kompliziert wird? Die Spackos von Stil vor Talent kommen da gerade recht mit ihrem neuen Sampler Blub, das ist das Berliner Luft- und Badeparadies, eine seit 20 Jahren vor sich hin ranzende Stadtruine in Neukölln, was die diffusen Sehnsüchte gleich auch noch in eine ganz andere Richtung lenkt: Dorthin wo Sommer ist, und nach Berlin. Das Narrativ ist das Bad, der Sampler soll den Soundtrack bieten, der die Geschichte zusammenhält und dabei die Fransen nicht vergisst, die lose daran hängen: Der verpisste Grusel verwahrloster Spaßbäder, die Real Estate Krawattenheinis, die einen großen Bogen um die toten Ratten im Pool machen, der aschige Schlamm in den niedergebrannten Hallen, in denen noch ein obdachloser Mantel liegt. Aber das ist nur Marketing.

In Wirklichkeit ist es wohl umgekehrt, das Bad hält die Interpreten zusammen. „Gathered under one Umbrella“, in dem Fall den schönen Visuals von Chrisse Kunst, kriegt man sie wohl alle hübsch verpackt, aber es könnte sie auch jeder andere Gedanke leiten. Es ist zwar ungerecht, aber auch ein bisschen egal, wenn man einen von ihnen herausfischt und an einem anderen Platz wieder ablegt, aber am wirkungsvollsten pumpen gerade Roemisch 111 & Victor Pilava, das kann sich jedoch stündlich ändern. Labelchef Oliver Koletzki eröffnet schon ziemlich nervös-melodiös, aber mit Jazztrompete und einem Herrn, der einem We Are All Lost ins Ohr haucht, nicht dringend das, was man da draussen gerade hören möchte, aber dann kommt schon bald Affkt und die Tochter erscheint in der Bürotür und fragt „Is‘ hier Party oder was?“ und ich will sofort nach Neukölln, oder wenigstens Friedrichshain, und wünsche mir dabei, ich hätte den ersten Satz nie geschrieben.

Außerdem läuft:

Barbara Preisinger – Sol Asylum Mix Series 004 (einstündiger SoundCloud Mix)

Ellen Allien – Live @ TTT X Hör Berlin 2020 (90 Minuten Mix)

Monika Kruse – Live@Watergate United We Stream 2020 (einstündiger Live Mix)

Patti Smith – Smells like Teen Spirit

Woodkid & Nils Frahm – Winter Morning II (with Robert De Niro)

Bicep – Glue

Zola Blood – Silver Soul

Kendrick Lamar – Lust

The xx – Reconsider (Jamie xx Remix Long Edit)

Air – New Star in the Sky (Chanson pour Solal)

John Frusciante – Before The Beginning

The Black Dog – Reverse Dorian Gray

Reload – Le Soleil et la Mer (Black Dog Productions Remix)

Car Seat Headrest – Martin

Bon Iver – 33 „God“

Lana Del Rey – National Anthem

Die Selektion – Kalter Atem

Die Links führen in der Regel zu sehenswerten Videos auf vimeo oder youtube und gehen in einem neuen Fenster auf.